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Aktuelles des BGH zum Influencer Marketing

Nachdem der BGH noch vor Kurzem für Aufatmen bei Influencer*innen gesorgt hat, rudert er mit seinem neuesten Urteil nun zurück.

Nachdem der Bundesgerichtshof vor allem mit den Entscheidungen Influencer II und III (I ZR 125/20, I ZR 126/20) für Aufatmen bei Influencer*innen und Blogger*innen gesorgt hat, rudert er mit den am 15. Februar 2022 veröffentlichten Entscheidungsgründen zu seinem neuesten Urteil in Sachen Influencer-Marketing  (BGH I ZR 35/21) empfindlich zurück.

Zwar bleibt der 1. Zivilsenat seiner Auffassung treu, dass Instagram-Posts ein kommerzieller Zweck nicht zwingend zugesprochen werden könne, wenn für das Setzen von Tap-Tags keine Gegenleistung erbracht wurde (activelaw berichtete). Der BGH befindet jedoch, dass eine solche Gegenleistung auch in der (unverlangten) Zurverfügungstellung von Waren liegen kann. Auf die Frage, ob die Gegenleistung in einem Synallagma (also einem Gegenseitigkeitsverhältnis) stehe, komme es nicht an. Entscheidend sei die Erwartungshaltung, die Unternehmen hätten. Diese liege in der Annahme, dass über zur Verfügung gestellte Produkte auch berichtet werde. Folge ein Bericht, in dem das beigestellte Produkt erwähnt werde, sei dieser letztlich initiiert und daher nicht mehr unabhängig. Dies gelte unabhängig davon, welcher Wert dem beigestellten Produkt beizumessen sei. Die aus dem Rundfunkrecht bekannte Bagatellschwelle greife bei Telemedien nicht. Auch geringwertige Waren und Dienstleistungen seien daher relevant.

Rechtsanwalt Dr. Sven Dierkes erklärt dazu

Mit seiner neuen Entscheidung benachteiligt der BGH Influencer*innen gegenüber dem Rundfunk. Denn im Rundfunk gilt hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Produkten eine Bagatellgrenze. Eine solche spricht der BGH Influencer*innen ab. Die Begründung dafür ist zweifelhaft.

Zwar ist zutreffend, dass Rundfunk und Telemedien unterschiedliche Kommunikationswege eröffnen und daher nicht in allen Belangen gleich behandelt werden können. Die Annahme, eine (auch unverlangte) Bereitstellung von Produkten führe aufgrund der Erwartungshaltung des Beistellenden dazu, dass ein das Produkt erwähnender Bericht per se nicht mehr unabhängig sei, ist indes nicht nur inkriminierend. Sie müsste für den Rundfunk in gleicher Weise gelten. Mit dem BGH eine analoge Anwendung der Bagatellgrenze mangels planwidriger Regelungslücke im Bereich der Telemedien abzulehnen, ist daher mehr als ärgerlich.

Die Entscheidung des BGH irritiert aber noch aus anderem Grund: Denn das Gericht ist der Auffassung, dass es für eine relevante Gegenleistung nicht darauf ankomme, dass diese – entgegen ihres Wortsinns – in einem Synallagma steht. Dies führt zu einem erneuten Aufkeimen der Rechtsunsicherheit, die der BGH durch seine Vorgängerentscheidungen gerade erst beseitigt hatte. Denn es ist für Influencer*innen nur schwer feststellbar, welcher Grad an Unmittelbarkeit ausreichen soll, um eine Gegenleistung tatsächlich annehmen zu wollen. Influencer*innen könnten daher in Zukunft gut beraten sein, nach dem Motto „better safe than sorry“ beispielsweise auch Postings von roten Teppichen u.ä. zu kennzeichnen. Dies etwa dann, wenn sie den Anlass mit einem Tap-Tag versehen, für die Einladung aber nicht bezahlt haben oder ein Foto aus dem Getty-Stock posten, ohne es zuvor lizenziert zu haben. Der Zweck der Kennzeichnungspflicht, eine möglichst große Transparenz hinsichtlich der Beeinflussung von Inhalten zu schaffen, wird so sicherlich nicht erfüllt.“

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Aktuelles des BGH zum Influencer Marketing
Pressemeldung

Aktuelles des BGH zum Influencer Marketing

February 16, 2022
Uhr

Nachdem der BGH noch vor Kurzem für Aufatmen bei Influencer*innen gesorgt hat, rudert er mit seinem neuesten Urteil nun zurück.

Das Wichtigste in Kürze

Nachdem der Bundesgerichtshof vor allem mit den Entscheidungen Influencer II und III (I ZR 125/20, I ZR 126/20) für Aufatmen bei Influencer*innen und Blogger*innen gesorgt hat, rudert er mit den am 15. Februar 2022 veröffentlichten Entscheidungsgründen zu seinem neuesten Urteil in Sachen Influencer-Marketing  (BGH I ZR 35/21) empfindlich zurück.

Zwar bleibt der 1. Zivilsenat seiner Auffassung treu, dass Instagram-Posts ein kommerzieller Zweck nicht zwingend zugesprochen werden könne, wenn für das Setzen von Tap-Tags keine Gegenleistung erbracht wurde (activelaw berichtete). Der BGH befindet jedoch, dass eine solche Gegenleistung auch in der (unverlangten) Zurverfügungstellung von Waren liegen kann. Auf die Frage, ob die Gegenleistung in einem Synallagma (also einem Gegenseitigkeitsverhältnis) stehe, komme es nicht an. Entscheidend sei die Erwartungshaltung, die Unternehmen hätten. Diese liege in der Annahme, dass über zur Verfügung gestellte Produkte auch berichtet werde. Folge ein Bericht, in dem das beigestellte Produkt erwähnt werde, sei dieser letztlich initiiert und daher nicht mehr unabhängig. Dies gelte unabhängig davon, welcher Wert dem beigestellten Produkt beizumessen sei. Die aus dem Rundfunkrecht bekannte Bagatellschwelle greife bei Telemedien nicht. Auch geringwertige Waren und Dienstleistungen seien daher relevant.

Rechtsanwalt Dr. Sven Dierkes erklärt dazu

Mit seiner neuen Entscheidung benachteiligt der BGH Influencer*innen gegenüber dem Rundfunk. Denn im Rundfunk gilt hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Produkten eine Bagatellgrenze. Eine solche spricht der BGH Influencer*innen ab. Die Begründung dafür ist zweifelhaft.

Zwar ist zutreffend, dass Rundfunk und Telemedien unterschiedliche Kommunikationswege eröffnen und daher nicht in allen Belangen gleich behandelt werden können. Die Annahme, eine (auch unverlangte) Bereitstellung von Produkten führe aufgrund der Erwartungshaltung des Beistellenden dazu, dass ein das Produkt erwähnender Bericht per se nicht mehr unabhängig sei, ist indes nicht nur inkriminierend. Sie müsste für den Rundfunk in gleicher Weise gelten. Mit dem BGH eine analoge Anwendung der Bagatellgrenze mangels planwidriger Regelungslücke im Bereich der Telemedien abzulehnen, ist daher mehr als ärgerlich.

Die Entscheidung des BGH irritiert aber noch aus anderem Grund: Denn das Gericht ist der Auffassung, dass es für eine relevante Gegenleistung nicht darauf ankomme, dass diese – entgegen ihres Wortsinns – in einem Synallagma steht. Dies führt zu einem erneuten Aufkeimen der Rechtsunsicherheit, die der BGH durch seine Vorgängerentscheidungen gerade erst beseitigt hatte. Denn es ist für Influencer*innen nur schwer feststellbar, welcher Grad an Unmittelbarkeit ausreichen soll, um eine Gegenleistung tatsächlich annehmen zu wollen. Influencer*innen könnten daher in Zukunft gut beraten sein, nach dem Motto „better safe than sorry“ beispielsweise auch Postings von roten Teppichen u.ä. zu kennzeichnen. Dies etwa dann, wenn sie den Anlass mit einem Tap-Tag versehen, für die Einladung aber nicht bezahlt haben oder ein Foto aus dem Getty-Stock posten, ohne es zuvor lizenziert zu haben. Der Zweck der Kennzeichnungspflicht, eine möglichst große Transparenz hinsichtlich der Beeinflussung von Inhalten zu schaffen, wird so sicherlich nicht erfüllt.“

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